Der Gesetzgeber hat nachgebessert. Aufgrund der verbreiteten Kritik an den im 2. COVID-19-Gesetz enthaltenen – nicht mit den Besonderheiten des Vergaberechts abgestimmten – allgemeinen Fristenregeln (siehe „Die Presse, Fristen-Chaos bei öffentlichen Aufträgen“), erfolgte mit BGBl I 24/2020 eine „Ergänzung“ in einem neuen 4. COVID-19-Gesetz, die bereits am 5.4.2020 unter dem Titel „COVID-19 Begleitgesetz Vergabe“ in Kraft getreten ist.
Die Besonderheiten dieses COVID-19 Begleitgesetz Vergabe lauten folgendermaßen:
- Die im Rang einer Verfassungsbestimmung erlassenen Regelungen gelten für alle Vergabebereiche (BVergG 2018, BVergGKonz 2018, BVergGVS 2012) und alle Verwaltungsgerichte (BVwG und LVwG).
- Die Bekämpfung von neuen Auftraggeberentscheidungen, die nach dem 5.4.2020 bekannt gegeben werden, laufen nach den bisher bekannten „Regelfristen“ (kein COVID-Fristenprivileg mehr!). Nach dem 5.4.2020 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidungen, Ausscheidensentscheidungen etc, sind daher unverzüglich innerhalb der 10-tägigen Anfechtungsfrist einzubringen.
- Für vor dem 5.4.2020 bereits laufende Fristen gilt eine Verkürzung des Fristenprivilegs: Ab dem 5.4.2020 ist die durch das 2. COVID-19-Gesetz eingetretene Fristenhemmung beseitigt und der Ablauf der regulären Antragsfristen wird fortgesetzt. Zu prüfen ist daher, welche restliche Anfechtungsfrist für gesondert anfechtbare Entscheidungen am 22.3.2020 (Inkrafttreten des 2. COVID-19-Gesetzes) noch zur Verfügung stand; diese restliche Anfechtungsfrist steht nunmehr nach dem 5.4.2020 weiterhin zur Verfügung. Analoges gilt für die 6-wöchige Entscheidungsfrist der Gerichte, Fristen für die mündliche Verhandlung, gerichtliche Verbesserungsfristen etc.
- Notvergaben (sofern sie vom Auftraggeber als solche „glaubhaft“ gemacht werden) können nicht durch eine Einstweilige Verfügung gestoppt werden, der Vertrag kann wirksam abgeschlossen werden. Der Rechtsschutz ist auf die Möglichkeiten von Feststellungsanträgen beschränkt.
- Mündliche Verhandlungen sind im Rahmen einer Videokonferenz zulässig (dies wurde bereits mit dem 2. COVID-19-Gesetz allgemein angeordnet, nunmehr aber für die Vergabenachprüfungsverfahren nochmals gesondert betont).
- Das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe gilt zeitlich beschränkt bis 31.12.2020.
Ergebnis: Mit dem COVID-19 Begleitgesetz Vergabe hat der Gesetzgeber umgehend auf die Fristen-Kritik reagiert und ein für das Vergabewesen gut handhabbares Sondergesetz geschaffen. Die Gefahr von ungewollten Verfahrensverzögerungen ist gebannt: Auftraggeber können nunmehr wieder entscheiden wie gewohnt, Bewerber und Bieter müssen die kurzen Anfechtungsfristen einhalten.