Nachhaltige Beschaffung von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) unter Einhaltung von gewissen (Mindest-)Arbeits- und Sozialstandards innerhalb der globalen Lieferkette

Das deutsche Beschaffungsamt des BMI, Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung hat in gemeinsamer Zusammenarbeit mit dem Digitalverband Bitkom eine aktualisierte Verpflichtungserklärung sowie die zugehörige Handreichung zur Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards in der öffentlichen ITK-Beschaffung auf seiner Website veröffentlicht. Die neue Verpflichtungserklärung soll zukünftig von Auftragnehmern unterfertigt werden, um effektiv Maßnahmen zur Gewährleistung sozialer Nachhaltigkeit bei IKT Beschaffungen verpflichtend und überprüfbar in Ausschreibungen zu implementieren.

Österreich hat als Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation „International Labour Organisation (ILO)“ ebenfalls alle 8 Kernarbeitsnormen und 54 weitere Übereinkommen unterzeichnet, wovon 43 heute in Kraft sind. Die Einhaltung dieser ILO-Normen bildet auch die zentrale Verpflichtung des Auftragnehmers in der vom ihm unterfertigten Verpflichtungserklärung.

Ein öffentlicher Auftraggeber hat bei der Ausgestaltung dieser Verpflichtungserklärung ein Wahlrecht, welche ILO Norm er in die Erklärung mitaufnehmen möchte (zB Arbeitszeitbegrenzung, Arbeitsschutz). Bei der Festlegung der konkreten Normen ist jedoch zu beachten, dass diese in einem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen müssen. Der Bieter hat die Verpflichtungserklärung im Zuge des Vergabeverfahrens sodann zu unterfertigen und dem Angebot beizulegen um damit zu erklären, dass er die festgelegten ILO-Normen bei Ausführung des Auftrages einhalten werde. Der hier dargestellte Weg zur Verpflichtung des Auftragnehmers ist somit als vertragliche Anforderung bzw Zusatzvereinbarung zum Leistungsvertrag – und nicht als eignungsrelevantes Kriterium – ausgestaltet.

Um die angestrebte nachhaltige Wirkung nicht nur beim unmittelbaren Vertragspartner selbst, sondern innerhalb der gesamten (globalen) Produktionskette sicherzustellen, ist es weiters erforderlich, dass der Auftragnehmer auch dafür Sorge trägt, dass die von ihm eingegangenen Verpflichtungen auch auf die weiteren an der Auftragsausführung beteiligten Unternehmen überbunden werden. Hierfür hat es sich in der Praxis bewährt, die gesamte Lieferkette des Auftragnehmers in eine Endproduktionsstätte sowie die einzelnen (direkten) Zulieferbetriebe zu unterteilen.

Bei der Festlegung und Definition der einzelnen Stufen einer Lieferkette ist vom öffentlichen Auftraggeber insbesondere darauf zu achten, dass die direkte Zuliefereigenschaft eines Unternehmens nicht bereits dadurch entfällt, dass vom Auftragnehmer ein Unternehmen mit ausschließlicher Händlerfunktion zwischengeschaltet wird. Es sind daher bereits im Vorfeld Regelungen zu treffen, die zB einen Distributor von Handelsware oder eine Betriebsstätte, die ausschließlich die Veredelung oder Vorkonfiguration eines fertigen Produktes vornimmt als Beteiligte einer Lieferkette ausdrücklich ausnehmen. Da somit der Aufwand für den Auftragnehmer mit jeder weiteren Stufe stark zunimmt, ist weiters dazu anzuraten, dass erst bei Großaufträgen (zB ab EUR 50 Mio) alle Stufen der Lieferkette mit in die Verpflichtungserklärung einbezogen werden. Es dürfte daher in der Praxis bei den meisten „kleineren“ Ausschreibungen ausreichend sein – im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit – die verpflichtende Umsetzung der sozialen Anforderungen nur für die ersten beiden Stufen der Lieferkette festzulegen.

Sollten die festgelegten Verpflichtungen bzw die arbeits- und sozialrechtlichen Standards jedoch vom Auftragnehmer (oder einer seiner Zulieferer) nicht eingehalten werden, so kann vom Auftraggeber wahlweise ein Kündigungsrecht und/oder eine Vertragsstrafe für den Auftragnehmer im Vertrag vorgesehen werden.

Der hier skizzierte Weg aus Deutschland einer nachhaltigen Beschaffung zeigt somit sehr gut, dass es für die öffentliche Hand leicht möglich ist, die Einhaltung von gewissen (Mindest-)Arbeits- und Sozialstandards sogar innerhalb einer Lieferkette sicherzustellen. Die Implementierung der dargestellten Verpflichtungserklärung auf Basis des deutschen Modells, würde somit auch in Österreich eine gangbare und gute Lösung darstellen, Unternehmen verstärkt dazu anzuhalten, ihre Produktion im Hinblick auf die Einhaltung bestimmter sozialer Kriterien noch weiter zu verbessern.