Ein aktueller Artikel unseres Rechtsanwalts Thomas Kurz in der Österreichischen Bauzeitung verdeutlicht: Der Widerruf einer Ausschreibung ist nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen erlaubt. Im Fall einer Überschreitung der Kostenschätzung kann dies ein sachlicher Grund sein – wie ein aktuelles Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zeigt.
Thomas Kurz beleuchtet die rechtlichen Hintergründe und die Argumentation des VwGH in diesem praxisrelevanten Fall.
Rechtliche Ausgangslage
Die rechtliche Regelung hinter dem Widerruf einer Ausschreibung ist keine beliebige Angelegenheit, sondern klar gesetzlich geregelt. Dabei unterscheidet man zwischen zwei Bereichen.
Oberschwellenbereich
Thomas Kurz erklärt, dass im sogenannten Oberschwellenbereich ein zweistufiges Verfahren einzuhalten ist: Zunächst muss die begründete Widerrufsentscheidung allen Bietenden zugestellt werden. Anschließend folgt eine zehntägige Stillhaltefrist, in der eine Anfechtung möglich ist. Erst danach darf die eigentliche Widerrufserklärung erfolgen, die das Vergabeverfahren endgültig beendet.
Unterschwellenbereich
Im Unterschwellenbereich hingegen kann der Auftraggeber den Widerruf sofort erklären – ohne Stillhaltefrist. Bietende können in diesem Fall lediglich nachträglich gerichtlich feststellen lassen, dass der Widerruf rechtswidrig gewesen wäre – etwa als Grundlage für mögliche Schadenersatzansprüche.
Grobkostenschätzung als Knackpunkt
In dem konkreten Fall aus dem Vorjahr rief die Auftraggeber:in eine Ausschreibung zurück, nur um sie kurz darauf fast unverändert erneut zu veröffentlichen. Die klagende Instanz argumentierte, dass damit eine bestimmte Bieter:in bevorzugt werden sollte.
Die Begründung zum Rückzug der Ausschreibung lautete, dass es eine Budgetüberschreitung gegeben habe. Dem hielt die Kläger:in entgegen, dass das billigste Angebot von 1,9 Millionen Euro ohne Probleme in den Projektrahmen von drei Millionen Euro gepasst hätte.
Doch der VwGH stellte klar, dass sich die Beurteilung der Budgetüberschreitung nicht auf das Gesamtprojekt bezieht, sondern ausschließlich auf den für den ausgeschriebenen Auftrag festgelegten Budgetrahmen – dieser lag in diesem Fall bei 1,73 Millionen Euro. Mit dem billigsten Angebot von 1,9 Millionen Euro lag somit eine klare Überschreitung der Kostenschätzung vor, argumentierte das Gericht.
Auch, dass die Neuausschreibung ein Mittel zur Bevorzugung einer anderen Bieter:in gewesen sei, wies der VwGH zurück. Maßgeblich sei die objektive Überschreitung der Kostenschätzung gewesen – und diese habe bereits vor der Neuausschreibung festgestanden.
